1930 - 1939
1950 - 1959
1960 - 1969
1990 - 1999
Datum unbekannt
"UNSERE STRASSE": Freundliches Zusammenleben in der Mühlenstraße
VON SONJA KUHL
(ERSCHIENEN IM RGA AM 23.05.2013 - VERÖFFENTLICHUNG MIT FREUNDLICHER GENEHMIGUNG DER RGA-LOKALREDAKTON HÜCKESWAGEN)
Wenn die Eisenbahn kam, dann ist Elke Weyer, gerannt. Raus aus der Tür, quer über die Straße bis auf die kleine Brücke. Und da hat sie dann gewartet - auf die Lok und auf deren dunklen Kohlequalm, der die Brücke und das kleine Mädchen in eine dichte Wolke gehüllt hat. Ihre Mutter ist ebenfalls gerannt, wenn die Eisenbahn kam.
Aber nicht auf die Brücke, sondern in den Garten - um schnell die Wäsche von der Leine zu nehmen. Irgendwann war klar, wann die Züge kamen. Die Wäsche wurde nach dem Fahrplan aufgehängt.
Elke Kreutzer, geborene Weyer, ist mit der Eisenbahn groß geworden. Direkt neben der Mühlenstraße, dort, wo heute der Radgehweg verläuft, verlief einst die Bahnlinie. Und an der Mühlenstraße, im Haus mit der Nummer 9 direkt gegenüber der Brücke, hat Elke Kreutzer mit ihren Eltern und dem Bruder gelebt.
UNSERE STRASSE
Dort lebt die heute 63-Jährige bis heute. Nicht mehr im Elternhaus mit der Nummer 9, sondern im Anbau links daneben mit der Nummer 9 a. 1978 hat sie gemeinsam mit ihrem Mann Günter angebaut - für die eigene Familie. Die Kinder sind inzwischen aus dem Haus. Dafür kommen die Enkel (zwei und sieben Jahre) umso lieber, um im großen Garten der Großeltern zu spielen. "Die kommen gerne her", sagt Elke Kreutzer. Aber sie weiß auch: "Hier haben nie viele Kinder gewohnt." In ihrer Kindheit war in der Mühlenstraße nur der Bruder zum Spielen da. Und ein paar Häuser weiter wohnte ein Junge, erinnert sie sich. Er war aber ein paar Jahre älter als sie selbst.
Was die Kreutzers an der Mühlenstraße so schätzen? "Sie liegt außerhalb und doch in der Stadt", findet Günter Kreutzer. "Das ist hier keine Straße, in der viele Feste gefeiert werden", sagt Elke Kreutzer über die Nachbarschaft. "Zur Silberhochzeit haben wir alle eingeladen. Da sind auch alle gerne gekommen", berichtet die 63-jährige Lehrerin für Pflegeberufe. Man kenne sich, man grüße sich, aber für näheren Kontakt seien die Generationen einfach zu unterschiedlich.
Patricia Jantke empfindet das ähnlich. "Es gibt ein gewisses Maß an Distanz, aber es gibt auch immer ein freundliches Entgegenkommen", sagt sie über das nachbarschaftliche Verhältnis.
Die 1. Vorsitzende des ATV Hückeswagen wohnt mit ihrer Familie gerne in der Mühlenstraße 4. "Wir wollten bauen", erinnert sie sich. An der Mühlenstraße fanden die Eheleute Jantke ein Baugrundstück. Aber das hatte einen Haken: "Da waren die Telegrafenleitungen noch da", erinnert sie sich. Das Gelände gehörte damals der Bahn, und zu den Leitungen galt es, gewisse Abstände einzuhalten. Das Paar grübelte, fuhr drei Tage später nochmal zum Grundstück. Da waren die Telegrafenleitungen weg. "Wir haben schon an unserem Verstand gezweifelt,", erinnert sich Jantke und lacht. Die Entscheidung für das Grundstück fiel sofort. 1989 wurde gebaut.
Im einstigen Elternhaus wohnen jetzt Feriengäste
"Wir haben unseren Privatbahnhof", hat Patricia Jantke immer gescherzt. Denn auch ihr Haus war nur durch die Mühlenstraße selbst von den tiefer liegenden Schienen getrennt. "Früher haben wir zugesehen, wie die Eisenbahn gefahren ist. Heute haben wir einen wunderbaren Blick auf die Leute auf dem Radweg", berichtet sie.
Eine Straße mit solcher Nähe zu den Zug-Gleisen hätte vermutlich auch Bahnstraße heißen können. Benannt ist sie aber nach der Schnabelsmühle, weiß Heimatforscher Franz Mostert. "Die Mühlenstraße weist auf die alte Mühle hin", berichtet er. 1146 soll die Mahl- und Bannmühle erbaut worden sein. Das besagt zumindest ein Erinnerungsstein, der einst im Heimatmuseum ausgestellt war. 1189 wurde die Schnabelsmühle urkundlich erwähnt. "... die Mühle in der Nähe der Burg Hückeswagen..." heißt es in der Quelle.
An die Mühle denkt jedoch heute kaum noch jemand. Auch die Familie Kreutzer nicht. Die Eheleute sind vielmehr mit dem Organisieren ihrer Ferienwohnungen beschäftigt. 2011 haben die beiden im einstigen Elternhaus zwei Ferienwohnungen eingerichtet. "Mein Schwiegersohn hat die Wohnung ins Internet gestellt. Schon am Tag darauf hatten wir eine Anfrage aus Spanien", berichtet Elke Kreutzer. Zwei Wochen wollten die beiden Spanier bleiben und das Bergische kennenlernen. Gleich darauf kam eine Anfrage über drei Monate Aufenthaltszeit. "Seit einem Jahr haben wir einen Dauermieter", berichtet die 63-Jährige. Im Sommer werden sie ein Paar aus Spanien zu Gast haben, das einst von Remscheid in das Land im Süden ausgewandert ist. "Aber ihnen ist der Sommer dort zu warm", berichtet die Hückeswagenerin und lacht. Das Telefon klingelt oft. Mal sind es Firmen, die für externe Mitarbeiter ein Zimmer reservieren, mal sind es Menschen, die Verwandte in Hückeswagen besuchen, bei denen sie aber nicht unterkommen können. Die Wohnungen haben Kreutzers modern und mit viel Liebe eingerichtet. "Wir haben uns sehr bemüht. Wir möchten, dass sich die Leute hier wohlfühlen." So, wie sich auch die Kreutzers wohlfühlen - in der Hückeswagener Mühlenstraße.
Aber nicht auf die Brücke, sondern in den Garten - um schnell die Wäsche von der Leine zu nehmen. Irgendwann war klar, wann die Züge kamen. Die Wäsche wurde nach dem Fahrplan aufgehängt.
Elke Kreutzer, geborene Weyer, ist mit der Eisenbahn groß geworden. Direkt neben der Mühlenstraße, dort, wo heute der Radgehweg verläuft, verlief einst die Bahnlinie. Und an der Mühlenstraße, im Haus mit der Nummer 9 direkt gegenüber der Brücke, hat Elke Kreutzer mit ihren Eltern und dem Bruder gelebt.
UNSERE STRASSE
Dort lebt die heute 63-Jährige bis heute. Nicht mehr im Elternhaus mit der Nummer 9, sondern im Anbau links daneben mit der Nummer 9 a. 1978 hat sie gemeinsam mit ihrem Mann Günter angebaut - für die eigene Familie. Die Kinder sind inzwischen aus dem Haus. Dafür kommen die Enkel (zwei und sieben Jahre) umso lieber, um im großen Garten der Großeltern zu spielen. "Die kommen gerne her", sagt Elke Kreutzer. Aber sie weiß auch: "Hier haben nie viele Kinder gewohnt." In ihrer Kindheit war in der Mühlenstraße nur der Bruder zum Spielen da. Und ein paar Häuser weiter wohnte ein Junge, erinnert sie sich. Er war aber ein paar Jahre älter als sie selbst.
Was die Kreutzers an der Mühlenstraße so schätzen? "Sie liegt außerhalb und doch in der Stadt", findet Günter Kreutzer. "Das ist hier keine Straße, in der viele Feste gefeiert werden", sagt Elke Kreutzer über die Nachbarschaft. "Zur Silberhochzeit haben wir alle eingeladen. Da sind auch alle gerne gekommen", berichtet die 63-jährige Lehrerin für Pflegeberufe. Man kenne sich, man grüße sich, aber für näheren Kontakt seien die Generationen einfach zu unterschiedlich.
Patricia Jantke empfindet das ähnlich. "Es gibt ein gewisses Maß an Distanz, aber es gibt auch immer ein freundliches Entgegenkommen", sagt sie über das nachbarschaftliche Verhältnis.
Die 1. Vorsitzende des ATV Hückeswagen wohnt mit ihrer Familie gerne in der Mühlenstraße 4. "Wir wollten bauen", erinnert sie sich. An der Mühlenstraße fanden die Eheleute Jantke ein Baugrundstück. Aber das hatte einen Haken: "Da waren die Telegrafenleitungen noch da", erinnert sie sich. Das Gelände gehörte damals der Bahn, und zu den Leitungen galt es, gewisse Abstände einzuhalten. Das Paar grübelte, fuhr drei Tage später nochmal zum Grundstück. Da waren die Telegrafenleitungen weg. "Wir haben schon an unserem Verstand gezweifelt,", erinnert sich Jantke und lacht. Die Entscheidung für das Grundstück fiel sofort. 1989 wurde gebaut.
Im einstigen Elternhaus wohnen jetzt Feriengäste
"Wir haben unseren Privatbahnhof", hat Patricia Jantke immer gescherzt. Denn auch ihr Haus war nur durch die Mühlenstraße selbst von den tiefer liegenden Schienen getrennt. "Früher haben wir zugesehen, wie die Eisenbahn gefahren ist. Heute haben wir einen wunderbaren Blick auf die Leute auf dem Radweg", berichtet sie.
Eine Straße mit solcher Nähe zu den Zug-Gleisen hätte vermutlich auch Bahnstraße heißen können. Benannt ist sie aber nach der Schnabelsmühle, weiß Heimatforscher Franz Mostert. "Die Mühlenstraße weist auf die alte Mühle hin", berichtet er. 1146 soll die Mahl- und Bannmühle erbaut worden sein. Das besagt zumindest ein Erinnerungsstein, der einst im Heimatmuseum ausgestellt war. 1189 wurde die Schnabelsmühle urkundlich erwähnt. "... die Mühle in der Nähe der Burg Hückeswagen..." heißt es in der Quelle.
An die Mühle denkt jedoch heute kaum noch jemand. Auch die Familie Kreutzer nicht. Die Eheleute sind vielmehr mit dem Organisieren ihrer Ferienwohnungen beschäftigt. 2011 haben die beiden im einstigen Elternhaus zwei Ferienwohnungen eingerichtet. "Mein Schwiegersohn hat die Wohnung ins Internet gestellt. Schon am Tag darauf hatten wir eine Anfrage aus Spanien", berichtet Elke Kreutzer. Zwei Wochen wollten die beiden Spanier bleiben und das Bergische kennenlernen. Gleich darauf kam eine Anfrage über drei Monate Aufenthaltszeit. "Seit einem Jahr haben wir einen Dauermieter", berichtet die 63-Jährige. Im Sommer werden sie ein Paar aus Spanien zu Gast haben, das einst von Remscheid in das Land im Süden ausgewandert ist. "Aber ihnen ist der Sommer dort zu warm", berichtet die Hückeswagenerin und lacht. Das Telefon klingelt oft. Mal sind es Firmen, die für externe Mitarbeiter ein Zimmer reservieren, mal sind es Menschen, die Verwandte in Hückeswagen besuchen, bei denen sie aber nicht unterkommen können. Die Wohnungen haben Kreutzers modern und mit viel Liebe eingerichtet. "Wir haben uns sehr bemüht. Wir möchten, dass sich die Leute hier wohlfühlen." So, wie sich auch die Kreutzers wohlfühlen - in der Hückeswagener Mühlenstraße.
© 2013 Michael Witkowski
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