1890 - 1899
1900 - 1909
1910 - 1919
1920 - 1929
1930 - 1939
1940 - 1949
1950 - 1959
1960 - 1969
1970 - 1979
1980 - 1989
1990 - 1999
ab 2010
Datum unbekannt
"Unsere Straße": "Pulsader" Peterstraße hat mehr zu bieten als nur Industrie
Von Karsten Mittelstädt
(ERSCHIENEN IM RGA AM 11.10.2012 - VERÖFFENTLICHUNG MIT FREUNDLICHER GENEHMIGUNG DER RGA-LOKALREDAKTON HÜCKESWAGEN)
Hückeswagen wäre keine blühende Kleinstadt, wenn es die Peterstraße nicht gäbe. Nach der Blüte der Tuchmacherindustrie im 18. und 19. Jahrhundert waren es neue Firmen, die Generationen von Hückeswagenern Arbeitsplätze, ein sicheres Einkommen und damit Wohlstand boten.
Und die siedelten sich unter anderen entlang der Peterstraße an, die gut einen Kilometer von Zentrum der Stadt bis zum Ortsausgang Richtung Wipperfürth parallel zur Wupper verläuft.
Die Nähe zum bergischen Fluss war Segen, denn die metallverarbeitenden Betriebe brauchten Wasser, die Nähe zur Wupper ist aber auch ein "Fluch", denn Platz zur Expansion gibt es zwischen Wupper und Peterstraße kaum. Das ist mit ein Grund, warum sich die Peterstraße, die Lebensader, die sich durch Hückeswagen zieht, in den nächsten Jahren massiv verändern wird.
Zwei Gesichter hat die Straße schon seit vielen Jahren. Auf der rechten Seite, in Richtung Ortsausgang gesehen, Wohnbebauung und Handel, auf der anderen Seite zunächst das gleiche Bild, doch dann folgen, beziehungsweise folgten, die drei großen Firmen: Klingelnberg, Zach und Bêché & Grohs. Drei Unternehmen, von denen nur der Maschinenbauer Klingelnberg auf Erfolgskurs geblieben ist.
1932 gründete Hans Zach das Press-, Stanz- und Ziehwerk, in dem Teile für die Fahrrad-, Mofa- und Motorradindustrie hergestellt wurden. Schon in den 50er Jahren hatte das Unternehmen Kontakte nach Indien und Pakistan. 1998 verstarb Otto Zach, ein Förderer zahlreicher Vereine in Hückeswagen und Hämmern. 2000 wurde die Produktion verkauft, das Unternehmen gibt es noch, die Werkshallen stehen aber seit Jahren leer. In dem früheren Haus der Familie auf der Islandstraße ist heute das Kultur-Haus Zach beheimatet.
Zweites großes Unternehmen an der Peterstraße war der Schmiedehersteller Bêché & Grohs. Der Schlosser Jean Béché aus Mainz errichtet im Jahre 1867 auf dem Kiek-Öm eine kleine Maschinenfabrik, später wurden in den Wupperniederungen Lufthämmer gefertigt. 1999 wurde die Fertigung an die Müller Weingarten AG verkauft. Dieser Teil des historischen Gewerbegebiets konnte aber wiederbelebt werden. Mittlerweile nutzen fast 30 Unternehmen den Gewerbehof. Darunter große Firmen wie Hoeganaes Corporation Europe, Sinter Metals und Radium.
Die größte Veränderung an der Peterstraße wird es in den nächsten zehn Jahren durch die geplante schrittweise Betriebsverlagerung der Klingelnberg GmbH geben. Hückeswagens größter Arbeitgeber, der seit 1916 an der Peterstraße produziert, fertigt Kegelradmaschinen und Getriebekomponenten unter anderen für Pkw, die Schiffbauindustrie, für die Luftfahrt und für Windkraftanlagen. Das Unternehmen braucht Platz und den bekommt es von der Stadt Hückeswagen im Gewerbegebiet West 2 (Winterhagen/Scheideweg). "Die Verträge sind nahezu unterschriftsreif", versichert Dietmar Persian, Geschäftsführer der Hückeswagener Entwicklungsgesellschaft. Es gehe lediglich noch um Detailfragen.
Rund zehn Hektar wären ideal, hatte Jan Klingenberg, der das Unternehmen in der siebten Generation leitet, bei einem Gespräch mit Bürgermeister Uwe Ufer erklärt. Vier Hektar konnte die Stadt dafür bereits von der Firma Ixetic zurück kaufen. Vorschläge, was mit dem innenstadtnahen Areal entlang der Peterstraße nach der Firmenverlagerung wird, soll ein städtebaulicher Wettbewerb bringen.
Die Straße vom Hotel "Zur Post" bis zum Haus Nummer 87 hat aber viel mehr zu bieten als "nur" Industriebetriebe. Zum Beispiel viel Verkehr. Die Peterstraße ist die am stärksten frequentierte Straße der Stadt, jedenfalls zum Teil. Denn durch den Bau der inneren Umgehung, ist es ab dem Abzweig auf die Alte Ladestraße viel ruhiger geworden. Was für die Bahnhofstraße gilt, dürfte ähnlich auch für den nunmehr ruhigeren Teil der Peterstraße gelten. Vor Bau der Umgehung fuhren rund 15000 Fahrzeuge über die Straße, nach der Umgehung sollen es 6500 sein, sagte jedenfalls die Prognose eines von der Stadt beauftragten Planungsbüros.
"Die Dönertasche ist und bleibt beliebt bei den Hückeswagenern."
Zeynep Urun
Während auf der Wupperseite die großen Unternehmen das Straßenbild prägen, sind es auf der Seite mit den geraden Hausnummern die kleineren Gewerbebetriebe. Ob die Fahrschule Hager, Star-Getränke Propach, die Videothek Hans-Peter Böhl bis zum Imbiss Saat II - auf der Peterstraße finden Hückeswagener vieles, was sie für den Alltag benötigen.
Dönertaschen verkauft Zeynep Urun seit elf Jahren im Imbiss "Saat II" und sorgt dafür, dass viele Mitarbeiter der umliegenden Unternehmen mittags etwas Warmes in den Magen bekommen. "Die Dönertasche ist und bleibt beliebt bei den Hückeswagenern", sagt die Mitarbeiterin des Imbisses, der nach einem Brand 2006 wieder aufgebaut wurde.
Ralph Vesper kennt nur einen Teil der Peterstraße, den aber ganz genau. "Ich bin zuständig für die Häuser vom Tannenbaumer Weg bis zum letzten Haus Nummer 87", erzählt der Briefträger, der sich die Peterstraße mit Zustellerin Claudia Oestreich "teilt".
Wenn in Hückeswagen die Lebensmitteldiscounter schließen, dann fahren viele Hückeswagener "noch mal schnell" Richtung Ortsausgang, denn dort befinden sich die beiden einzigen Tankstellen am Ort, deren Shops alles für den "Notfall" bereithalten. Eigentlich sind es drei Tankstellen in unmittelbarer Nähe, denn auch die Kfz-Werkstatt von Dirk Hövel auf der anderen Straßenseite verfügt über eine Zapfsäule: Hier kann man Autogas für um die 0,76 Euro pro Liter betanken.
Genauer befinden sich sogar vier Unternehmen an der Peterstraße 72 unter einem Dach. Neben Kfz-Werkstatt und Tankstelle betreibt Ehefrau Conny Hövel schon seit Jahren ein Reisebüro. Sie hat es 2007 mit ihrer Mutter Gisela gegründet. Im Erdgeschoss bietet Ulrich Blumberg wirklich alles, was der Angler benötigt. In dem Angelgeschäft gibt es neben Ausrüstung auch Tagesscheine für Bever, Stadtparkteich und Wupper.
Gleich zwei Apotheken gab es früher an der Peterstraße. Die Schloß-Apotheke, gegründet von Adolf und Ilse Pohl, wurde Ende 2007 geschlossen, jetzt ist die Oberbergische Apotheke, die einzige an der Peterstraße. Wer als Fremder nach Hückeswagen kommt, findet an der Peterstraße mit Sparkasse und Volksbank Remscheid-Solingen nicht nur zwei Geldinstitute, sondern auch das Hotel mit Konditorei und Restaurant "Zur Post". Neben ausgefallenen, selbst hergestellten Pralinen werden hier Baumkuchen gefertigt, die weit über die Grenzen Hückeswagens bekannt sind.
GESCHICHTE
NAME Wie die Straße ihren Namen erhalten hat, ist unklar. In anderen deutschen Städten geht der Name auf Petri zurück und bezieht sich auf den Apostel Petrus. In Hückeswagen hat Heimatforscher Wilhelm Blankertz eine andere Erklärung, wie er in einem Beitrag für Leiw Heukeshoven, dem regelmäßig erscheinenden Heft des Bergischen Geschichtsvereins, veröffentlichte. Alte Hückeswagener hätten ihm erzählt, dass es an der Peterstraße drei vermögende Personen gegeben habe, die alle Peter mit Vornamen hießen (Peter Wülfing, Peter Troost und Peter Vollmann).
Und die siedelten sich unter anderen entlang der Peterstraße an, die gut einen Kilometer von Zentrum der Stadt bis zum Ortsausgang Richtung Wipperfürth parallel zur Wupper verläuft.
Die Nähe zum bergischen Fluss war Segen, denn die metallverarbeitenden Betriebe brauchten Wasser, die Nähe zur Wupper ist aber auch ein "Fluch", denn Platz zur Expansion gibt es zwischen Wupper und Peterstraße kaum. Das ist mit ein Grund, warum sich die Peterstraße, die Lebensader, die sich durch Hückeswagen zieht, in den nächsten Jahren massiv verändern wird.
Zwei Gesichter hat die Straße schon seit vielen Jahren. Auf der rechten Seite, in Richtung Ortsausgang gesehen, Wohnbebauung und Handel, auf der anderen Seite zunächst das gleiche Bild, doch dann folgen, beziehungsweise folgten, die drei großen Firmen: Klingelnberg, Zach und Bêché & Grohs. Drei Unternehmen, von denen nur der Maschinenbauer Klingelnberg auf Erfolgskurs geblieben ist.
1932 gründete Hans Zach das Press-, Stanz- und Ziehwerk, in dem Teile für die Fahrrad-, Mofa- und Motorradindustrie hergestellt wurden. Schon in den 50er Jahren hatte das Unternehmen Kontakte nach Indien und Pakistan. 1998 verstarb Otto Zach, ein Förderer zahlreicher Vereine in Hückeswagen und Hämmern. 2000 wurde die Produktion verkauft, das Unternehmen gibt es noch, die Werkshallen stehen aber seit Jahren leer. In dem früheren Haus der Familie auf der Islandstraße ist heute das Kultur-Haus Zach beheimatet.
Zweites großes Unternehmen an der Peterstraße war der Schmiedehersteller Bêché & Grohs. Der Schlosser Jean Béché aus Mainz errichtet im Jahre 1867 auf dem Kiek-Öm eine kleine Maschinenfabrik, später wurden in den Wupperniederungen Lufthämmer gefertigt. 1999 wurde die Fertigung an die Müller Weingarten AG verkauft. Dieser Teil des historischen Gewerbegebiets konnte aber wiederbelebt werden. Mittlerweile nutzen fast 30 Unternehmen den Gewerbehof. Darunter große Firmen wie Hoeganaes Corporation Europe, Sinter Metals und Radium.
Die größte Veränderung an der Peterstraße wird es in den nächsten zehn Jahren durch die geplante schrittweise Betriebsverlagerung der Klingelnberg GmbH geben. Hückeswagens größter Arbeitgeber, der seit 1916 an der Peterstraße produziert, fertigt Kegelradmaschinen und Getriebekomponenten unter anderen für Pkw, die Schiffbauindustrie, für die Luftfahrt und für Windkraftanlagen. Das Unternehmen braucht Platz und den bekommt es von der Stadt Hückeswagen im Gewerbegebiet West 2 (Winterhagen/Scheideweg). "Die Verträge sind nahezu unterschriftsreif", versichert Dietmar Persian, Geschäftsführer der Hückeswagener Entwicklungsgesellschaft. Es gehe lediglich noch um Detailfragen.
Rund zehn Hektar wären ideal, hatte Jan Klingenberg, der das Unternehmen in der siebten Generation leitet, bei einem Gespräch mit Bürgermeister Uwe Ufer erklärt. Vier Hektar konnte die Stadt dafür bereits von der Firma Ixetic zurück kaufen. Vorschläge, was mit dem innenstadtnahen Areal entlang der Peterstraße nach der Firmenverlagerung wird, soll ein städtebaulicher Wettbewerb bringen.
Die Straße vom Hotel "Zur Post" bis zum Haus Nummer 87 hat aber viel mehr zu bieten als "nur" Industriebetriebe. Zum Beispiel viel Verkehr. Die Peterstraße ist die am stärksten frequentierte Straße der Stadt, jedenfalls zum Teil. Denn durch den Bau der inneren Umgehung, ist es ab dem Abzweig auf die Alte Ladestraße viel ruhiger geworden. Was für die Bahnhofstraße gilt, dürfte ähnlich auch für den nunmehr ruhigeren Teil der Peterstraße gelten. Vor Bau der Umgehung fuhren rund 15000 Fahrzeuge über die Straße, nach der Umgehung sollen es 6500 sein, sagte jedenfalls die Prognose eines von der Stadt beauftragten Planungsbüros.
"Die Dönertasche ist und bleibt beliebt bei den Hückeswagenern."
Zeynep Urun
Während auf der Wupperseite die großen Unternehmen das Straßenbild prägen, sind es auf der Seite mit den geraden Hausnummern die kleineren Gewerbebetriebe. Ob die Fahrschule Hager, Star-Getränke Propach, die Videothek Hans-Peter Böhl bis zum Imbiss Saat II - auf der Peterstraße finden Hückeswagener vieles, was sie für den Alltag benötigen.
Dönertaschen verkauft Zeynep Urun seit elf Jahren im Imbiss "Saat II" und sorgt dafür, dass viele Mitarbeiter der umliegenden Unternehmen mittags etwas Warmes in den Magen bekommen. "Die Dönertasche ist und bleibt beliebt bei den Hückeswagenern", sagt die Mitarbeiterin des Imbisses, der nach einem Brand 2006 wieder aufgebaut wurde.
Ralph Vesper kennt nur einen Teil der Peterstraße, den aber ganz genau. "Ich bin zuständig für die Häuser vom Tannenbaumer Weg bis zum letzten Haus Nummer 87", erzählt der Briefträger, der sich die Peterstraße mit Zustellerin Claudia Oestreich "teilt".
Wenn in Hückeswagen die Lebensmitteldiscounter schließen, dann fahren viele Hückeswagener "noch mal schnell" Richtung Ortsausgang, denn dort befinden sich die beiden einzigen Tankstellen am Ort, deren Shops alles für den "Notfall" bereithalten. Eigentlich sind es drei Tankstellen in unmittelbarer Nähe, denn auch die Kfz-Werkstatt von Dirk Hövel auf der anderen Straßenseite verfügt über eine Zapfsäule: Hier kann man Autogas für um die 0,76 Euro pro Liter betanken.
Genauer befinden sich sogar vier Unternehmen an der Peterstraße 72 unter einem Dach. Neben Kfz-Werkstatt und Tankstelle betreibt Ehefrau Conny Hövel schon seit Jahren ein Reisebüro. Sie hat es 2007 mit ihrer Mutter Gisela gegründet. Im Erdgeschoss bietet Ulrich Blumberg wirklich alles, was der Angler benötigt. In dem Angelgeschäft gibt es neben Ausrüstung auch Tagesscheine für Bever, Stadtparkteich und Wupper.
Gleich zwei Apotheken gab es früher an der Peterstraße. Die Schloß-Apotheke, gegründet von Adolf und Ilse Pohl, wurde Ende 2007 geschlossen, jetzt ist die Oberbergische Apotheke, die einzige an der Peterstraße. Wer als Fremder nach Hückeswagen kommt, findet an der Peterstraße mit Sparkasse und Volksbank Remscheid-Solingen nicht nur zwei Geldinstitute, sondern auch das Hotel mit Konditorei und Restaurant "Zur Post". Neben ausgefallenen, selbst hergestellten Pralinen werden hier Baumkuchen gefertigt, die weit über die Grenzen Hückeswagens bekannt sind.
GESCHICHTE
NAME Wie die Straße ihren Namen erhalten hat, ist unklar. In anderen deutschen Städten geht der Name auf Petri zurück und bezieht sich auf den Apostel Petrus. In Hückeswagen hat Heimatforscher Wilhelm Blankertz eine andere Erklärung, wie er in einem Beitrag für Leiw Heukeshoven, dem regelmäßig erscheinenden Heft des Bergischen Geschichtsvereins, veröffentlichte. Alte Hückeswagener hätten ihm erzählt, dass es an der Peterstraße drei vermögende Personen gegeben habe, die alle Peter mit Vornamen hießen (Peter Wülfing, Peter Troost und Peter Vollmann).
© 2013 Michael Witkowski
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